Die Stadt mit ihren rund 1,4 Mill.
Einwohnern liegt in einer Ebene, die von 3 Seiten von Bergen umgeben
ist, nur nach Süden ist sie offen. In der fruchtbaren Ebene mit einer
N-S-Ausdehnung von 20 km und einer W-O-Ausdehnung von 8-12 km fließen
im Osten der Kamogawa- und im Westen der Katsugara-Fluß. Die Ebene
wurde im 3./4.Jh. besiedelt, erste Erwähnung fanden der Shimogamo- und
der Kamigamo-Schrein. Sie galten später dem Kaiserhaus als
Schutzheiligtümer der Stadt.
Nach der Taika-Reform (646) gehörte das
Gebiet zur Provinz Yamashiro, 793 wählte Kammu Tenno, nach nur 10
Jahren Residenz in Nagoya, das damalige Dorf Uda als Bauplatz der neuen
Hauptstadt Heian-kyo aus. Bei der Wahl des Standortes ließ man sich von
chinesischen Umweltvorstellungen leiten, da er z.B. die
glückverheißenden Bedingungen - 3 Berge und 2 Ströme - erfüllte.
Heian-kyo (Hauptstadt des Friedens) oder oftmals auch nur Miyako
(kaiserliche Residenz) genannt, wurde wie zuvor Nara
nach dem Vorbild von Ch'ang-an, der Hauptstadt der chinesischen
Dynastie, im Schachbrettmuster angelegt. Im Norden des 5,3 km langen
und 4,6 km breiten Rechtecks lag die kaiserliche Residenz Dai-dairi mit
Palast, Regierungsgebäuden und Staatshalle. Vom Suzuka-mon-Tor in der
Mitte der Südfront verlief gerade auf das südliche Stadttor Rashomon
die 85 m breite Hauptstraße Suzaku-oji, die die Stadt in zwei Hälften
teilte, in den Sakyo-ku (Ostteil) und den Ukyo-ku (Westteil). Von
Norden nach Süden wurde Miyako von 9 durchnummerierten Alleen
unterteilt, der Palast lag zwischen der ersten (ichijo-oji) und der
zweiten (nijo-oji), zwischen der 6. (rokujo-oji)und der 7.
(shichijo-oji) befand sich in jeder Hälfte der Stadt je ein Markt. Nur
hier war Handel erlaubt. Dieses Straßensystem ist heute zum Teil noch
recht gut erkennbar.
Zunächst wurde der Bau von Tempeln
einflußreicher buddhistischer Sekten verboten, nur am Südrand der Stadt
wurden der Osttempel To-ji und der Westtempel Sai-ji errichtet. Um 818
sollen schon 500000 Einwohner hier gelebt haben. Schon 40 Jahre nach
Gründung der Stadt verödete aber der Westteil, da die Planung wohl doch
etwas zu großzügig war und das Zentrum verschob sich in Richtung Osten.
Unzählige Male wurde der Kaiserpalast von Erdbeben und Feuer zerstört
und ebenso oft wurde er immer wieder aufgebaut. Im 14. Jh. wurde der
Nebenpalast Tsuchimikadosato-dairi an der Stelle des heutigen Gosho die
neue Residenz.
In der Heian-Zeit
entfaltete der Hofadel ein glanzvolles Leben im Luxus und widmete sich
mehr der Pflege der schönen Künste als den Regierungsgeschäften. Im 12.
Jh. gelang es dem Samurai-Clan der Taira in der Auseinandersetzung zweier Ex-Kaiser den Einfluß der Fujiwara-Regenten
zu brechen und die Macht zu übernehmen, bis sie mit ihrem Kindkaiser
Autoku von den Minamoten 1185 geschlagen wurden (Gempei-Krieg). Die
Regierungsgewalt ging nun auf das Shogunat unter minamoto Yoritomo in
Kamakura über, in Kyoto verblieb das Zentrum für Kultur. Mit dem Fall
der Minamoto in Kamakura und der Machtübernahme durch die Ashikaga 1336
wurde der Sitz der Militärregierung nach Kyoto verlegt. Der Wechsel
dieses Shogunats nach Kyoto (im Stadtteil Muromachi, deshalb
Muromachi-Periode) bedeutete eine Verfestigung der Machtverhätnisse.
Aus
dieser Zeit stammen die meisten Tempel und Gärten, die unter dem
Einfluß von als kulturellen und wirtschaftlichen Beratern fungierenden
Zen-Mönchen errichtet wurden. Der enorme kulturelle Aufschwung stand
jedoch im krassen Widerspruch zur katastrophalen Lage der
Stadtbevölkerung, allein von 1361 bis 1379 (Regierung Yoshimitsu) gab
es 11 schwere Erdbeben, Pest- und Pockenepidemien, Mißernten und
Hungersnöte, was Yoshimitsu nicht davon abhielt, den prunkvollen
Muromachi-Palast zu errichten. Noch schlimmer war es zu Yoshimasas
Zeiten, von 1447 bis 1462, Seuchen, Erdbeben, Feuer und Hunger
forderten mehr als 11000 Opfer, so daß sich an manchen Stellen in der
Stadt die Toten regelrecht stapelten. Es kam zu Aufständen, die Bauern
und Städter forderten eine gerechte Regierung im konfuzianischen Stil.
Die Ashikaga Shogune ignorierten dies jedoch und zogen sich damit den
Grimm des ebenfalls verarmenden Kaiserhauses zu und verloren ihre
Vormachtstellung an die erstarkten lokalen Feldherren. Mit den
kriegerischen Auseinandersetzungen der Hosokawa und Yamana (1476-78)
wurde Kyoto selber zum Schlachtfeld. Die Verwüstungen von Hauptstadt
und Land wurden in den mehr als 100 jährigen bürgerkriegsähnlichen
Zuständen, in denen sich die Daimyate bekämften, fortgesetzt
(1467-1600). Toyotomi Hideyoshi, Kriegsherr und Kunstliebhaber,
forcierte den Wiederaufbau der Residenzen und Tempel. Das
Momoyama-Schloß in Fushimi im Südosten Kyotos, gab der Kunstepoche von
1573-1615 ihren Namen, besonders bedeutend in dieser Zeit waren
Lackmalereien, Webkunst, die Herstellung von Wandschirmen,
Schnitzwerke, die Teekunst, Keramiken und Gartenanlagen. Politisch fiel
die Stadt mit Errichtung des Tokugawa Shogunats in Edo (heutiges Tokyo)
faktisch zurück in die Bedeutungslosigkeit, die in der Verlegung der
kaiserlichen Residenz unter Meji Tenno nach Edo 1869 gipfelte.
Der
Symbolgehalt der "1000-jährigen Kaiserstadt" in der heutigen Zeit ist
aber nicht zu unterschätzen. Noch heute finden hier die
Thronbesteigungszeremonien statt. Kyoto ist heute die am meisten
besuchte Stadt in Japan und hat etwas museales an sich. Dieses Image
wird von der Präfektur und dem Staat systematisch gepflegt und so wird
Industrie nur im Süden der Stadt angesiedelt.